Grade eben habe ich noch eine Rezension aus dem Dezember entdeckt.
Das Musikzirkus-Magazin ist für Freunde elektronischer Musik wirklich hoch interressant, jede Menge Infos, Künstlervorstellungen, Rezensionen und Neues kann man hier finden. Ich kannte die Seite bis gestern selber noch nicht und bin sehr überrascht. Ein Besuch lohnt sich!
Aliens Project Behind The Blue Room
Elektro Kartell (2008)
(16 Stücke, 73:35 Minuten Spielzeit)
Der süddeutsche Bernd-Michael Land nennt sich Aliens Project. Unter dieser Bezeichnung veröffentlicht er bereits seit 1974 seine elektronische Musik. „Behind The Blue Room“ ist die mittlerweile achte CD. Zuvor brachte er fünf Soloalben sowie zwei CDs zusammen mit Programmierte Welten heraus.
Blättert man im Booklet der aktuellen CD, dann finden sich dort viele Bilder, die unter anderem elektronisches Gerät sowie ein Sammelsurium unterschiedlichster Motive zeigen. Dies, sowie Bilder von Bernd-Michael lassen bei mir sofort die Erinnerung an die einsamen Schätzen aus der Akte X-Serie (das Trio, das an Ufo™s glaubt und Mulder oft mit ungewöhnlichen Maßnahmen zur Seite steht) aufleben.
In den 16 Stücken geht es nicht gerade melodiös zu, sondern die etwas experimentellen Klänge, mit teils spacigem Einschlag, stehen hier klar im Vordergrund. Lediglich an einigen Stellen kommen Melodien und Ähnlichkeiten zu anderen Musikern wie beim vierten Stück „The Kingdom Come“, das Nuancen von Jean Michel Jarre enthält oder beim abschließenden „Flonk“, bei dem das Yellow Magic Orchestra Pate gestanden hat, auf. Vieles andere wirkt aber wie ein Soundtrack, da Stimmungen erzeugt und durch Samples unterstützt werden.
Zunächst startet die CD aber mit „Battlefield Of Thronos“ mit sanften Flächen recht spacig. Trotz des Titels wirkt dieses Stück eher auf mich, als sende eine Station pulsierende Signale ins All. Etwas irritiert haben mich dann doch die Geräuschsamples von trabenden und wiehernden Pferden sowie einem Gewitter, da es meinem doch eher futuristischen Bild, das in mir aufkam, entgegensteht. Im zweiten Stück „Orbiter“ flirrt und surrt es nur so, unterlegt von an- und abschwellenden Synthieflächen. Dieser Track ist darauf programmiert eine futuristische, teils irreale Stimmung zu erzeugen.
Melodie und Harmonie kommen dann erstmals in „Snorff“ auf und auch das folgende mit etwas knarrzigem Sound aufwartende „The Kingdome Come“ hat eine Melodielinie vorzuweisen. Die eingesetzten Sounds erinnern dabei ein wenig an Jean Michel Jarre. Durch den Rhythmus und einiger Harmonien (klingt teils nach Mellotron) geht „Thai Connection“ zwar gut ins Ohr, aber die Soundeffekte und eingestreuten Klangtupfer sorgen für eine ungewöhnliche etwas überladene Atmosphäre.
„The Big Race“ klingt sehr technisch. Die vorbeirauschenden Gefährte werden rein synthetisch erzeugt und das hört man auch. Teils meint man bei diesem kurzen Zwischenspiel, als drehe jemand an einem Funkgerät und die unterschiedlichen Frequenzen fliegen durch den Raum. So futuristisch geht es auf dem Album weiter. Mal kommen wieder sphärische Synthieflächen zum Einsatz „Lost“, bei „Timeswitch“ dann wird es futuristisch und technisch mit teils recht sterilen Klängen die aber auch Rhythmen enthalten („Jump Monkey Jump“, „Steps“) oder es kommen recht experimentelle Soundcollagen zum Einsatz, die aber recht gut ins Ohr gehen („Countdown“). Und „Highlander“ bietet sehr schöne Harmonien, die an einigen Stellen mit Klängen versetzt sind, die mich an elektronische Harfen erinnern. Ein recht funkiger Elektroniktitel ist „The Eagle Has Landed“. Und im zweiten Teil vom Abschlusstitel „Flonk“ scheint sich Aliens Project von dem Yellow Magic Orchestra inspiriert haben zu lassen.
„Behind The Blue Room“ ist Elektronikmusik jenseits der ausgetretenen Pfade. Aliens Project liefert den Soundtrack für die Alien Jagd mit technischem Gerät. Das Ganze wirkt auf mich wie ein Soundtrack. Mal kommen Harmonien oder sogar Melodielinien zum Einsatz, dann wird es sehr spacig mit weiten Flächen um im nächsten Moment in einen experimentellen Klangkosmos abzudriften.
Eine sehr interessante Scheibe, die allen ans Herz gelegt werden kann, die über den Tellerrand blicken können, denn songorientiertes Material oder „Berliner Schule“ sucht man hier vergebens.
Stephan Schelle, Dezember 2008